Die Delegierten waren sich sicher: Jeder Kandidat für die Positionen des Beisitzers solle fünf Minuten Redezeit bekommen. Nicht nur drei. Das Abstimmungsergebnis war eindeutig. Dann wurde die Tabelle der Kandidaten (circa 30) angezeigt. Puuuh. Ein Stöhnen ging durch den Saal.

Jemand beantragte, dass aufgrund der Vielzahl der Kandidaten doch lieber nur drei Minuten Redezeit gesprochen werden solle. Und so fand ein Antrag, der wenige Sekunden zuvor noch abgelehnt wurde, dann plötzlich eine Mehrheit. Drei Minuten pro Redner. Das musste reichen.

Parteitage sind anstrengend. Bundesparteitage erst recht. 600 Delegierte und weitere Gäste sind am Wochenende in Hannover zur wichtigsten Versammlung der Alternative für Deutschland überhaupt in diesem Jahr zusammengekommen: Sie haben einen neuen Vorstand gewählt.

Rechtsruck ist Märchen der Leitmedien

Alles ging weitgehend geräuschlos über die Bühne. Kein Skandal. Kein Rechtsruck. Gute Leute in einem ausgewogenen Parteivorstand. Vergesst, was die Leitmedien sagen. Die würden auch eine Radikalisierung herbeihalluzinieren, wenn wir die Inkarnation von Mutter Teresa zur Vorsitzenden machen würden.

Noch nach jedem Parteitag hieß es, die Partei sei nach rechts gerückt. So etwas nutzt sich natürlich auch ab. Der Journalismus tötet sich selbst, wenn er weiterhin so einseitig über uns berichtet. Über den von einem mutmaßlich Rechtsradikalen leicht verletzten Provinzbürgermeister (#Altena) wurde großflächig berichtet, aber über den feigen Angriff der Antifa auf Kay Gottschalk gab es nichts zu sehen oder zu lesen. Kein Solidaritätserklärung der Kanzlerin. Keine Sondersendung. Das soll nicht jammervoll klingen. So ist Politik. Der eine Fall wird instrumentalisiert, der andere totgeschwiegen. Aber die Kollegen in den Leitmedien, die das mitmachen, müssen sich fragen, wie sie das mit ihrem Selbstverständnis als Journalisten vereinbaren.

Steffen Königer im Interview

Zurück zum angeblichen Rechtsruck: Jeder in der Partei und bei unseren Wählern sollte sich in diesem Vorstand wiederfinden. Wir haben Professoren (Jörg Meuthen), Juristen (Albrecht Glaser), Soldaten (Georg Pazderski), Arbeiter (Guido Reil), Liberale (Alice Weidel), Nationalkonservative (Andreas Kalbitz) und einen Surflehrer (Steffen Königer).

Meuthen: “Dann bin ich eben ein Spießer”

Alles gestandene Leute, die ihren Lebensunterhalt selbst unterhalten können. Kann bei den Konsensparteien nicht jeder von sich sagen. Die Alternative für Deutschland ist die Partei derjenigen, die mit ihrer Leistung den ganzen Laden am Laufen halten. Der „gesunde Menschenverstand aus der Mitte der Gesellschaft“, wie mein Parteifreund Frank-Christian Hansel zu sagen pflegt.

Jörg Meuthen, der seit 2015 an der Spitze der AfD steht, wurde wiedergewählt. Er ist gerade nach Brüssel gewechselt und will die Partei in die EU-Wahl 2019 führen. Derzeit ist der einzige AfD-Abgeordnete im EU-Parlament. Das könnte sich 2019 drastisch ändern: Wir können mit einer zweistelligen Zahl von Abgeordneten rechnen.

Am Ende seiner Bewerbungsrede setzte er sich klar von den Konsensparteien ab, die die AfD zuweilen als rückständig oder gar spießig diffamieren. „Dann bin eben ein Spießer“, sagte er unter dem Beifall der Delegierten. Die Bezeichnung bürgerlicher Umgangsformen als spießig hat sich dermaßen ins Gegenteil gedreht, dass es heute Applaus dafür gibt, wenn sich jemand dazu bekennt. Nicht umsonst werben auch die Bausparkassen seit Jahren mit Werbeslogans wie „Wenn Bausparen spießig ist, ist Miete zahlen dann fortschrittlich?“

Es gab einige Überraschungen: Georg Pazderski verpasste knapp den Sprung an die Spitze. Für die Wahl zum Co-Sprecher von  Meuthen fehlte ihm ein Dutzend Stimmen. Daraufhin übernahm Alexander Gauland die Position.

Wir sind nicht in der SPD

Ich arbeite seit fast zwei Jahren in mehreren Gremien mit Georg Pazderski zusammen­­ und kann daher aus Überzeugung sagen: Er bringt die notwendige Führungserfahrung mit. Es ist gut, dass er danach doch noch zum Vizevorsitzenden gewählt wurde.

Zwei besonderes Glücksmomente waren auch die Kandidaturen der Damen Alice Weidel und Beatrix von Storch. Beide hielten hervorragende Reden und wurden im ersten Wahlgang gewählt.

Am Ende setzte nach mehreren erfolglosen Versuchen Steffen Königer gegen einen randständigen Mitbewerber durch. Seine Rede im Brandenburger Landtag, mit der er den Genderwahn komplett desavouiert hat, ist Legende.

Ich habe Freunde scheitern sehen und Äußerungen gehört, die mit nicht gefallen haben. Kommt vor. Ein Parteitag ist eben anstrengend. Und da können in einer heterogenen Truppe niemals alle einer Meinung sein. Jörg Meuthen sagte am Morgen nach dem Parteitag auf die Frage von Dunja Hayali im ZDF-Morgenmagazin, warum er “nur” etwa 70 Prozent der Stimmen bekommen habe: “Bei uns geht es ehrlich zu. Wenn Sie 100-Prozent-Ergebnisse wollen, dann müssen Sie nach Nordkorea gehen oder zur SPD.” Gotcha.

Das sind die Bedingungen für eine Zusammenarbeit mit den Konsensparteien

Die Partei muss sich nun konsolidieren. Sie muss in den Parlamenten zeigen, dass sie regierungsfähig ist – ohne sich zu verbiegen. Das Thema einer möglichen Koalition mit anderen Parteien beschäftigte die Delegierten wie kaum ein anderes. Meine Meinung: Die AfD sollte nicht vorschnell in irgendeine Regierung eintreten. Aber sie wäre schlecht beraten, dies von vornherein auszuschließen.

Es gibt bestimmte Forderungen, von denen wir auf keinen Fall abrücken dürfen um der Macht willen: Grenzen zu. Kampf gegen rechts beenden. GEZ abschaffen. Eurorettung stoppen. Grundsätzlich gilt: Der Staat muss Freiheit und Eigentum der Deutschen wieder respektieren.

Wenn wir die  anderen Parteien eines Tages soweit haben, dass sie das akzeptieren, dann können wir auch mit ihnen koalieren. Auf dem Weg dahin sollten wir unseren politischen Mitbewerbern in den Parlamenten zeigen, dass wir fachlich in der Lage sind, mit ihnen mitzuhalten. In Berlin haben wir damit bereits begonnen.

Ich bin froh, dass ich an dieser spannenden Aufgabe mitwirken kann. Mit der AfD ist ein großer Traum in Erfüllung gegangen. Wir haben eine Partei, die sich der Freiheit und dem Recht verschrieben hat. Ihr gehört die Zukunft. Nach dem Hannoveraner Parteitag mehr denn je.