Zur Aufgabe eines Abgeordneten gehört es, sich um die Belange seiner (potentiellen) Wähler zu kümmern. Ich bemühe mich die Anliegen der Bürger in den Stadtteilen Niederschönhausen, Rosenthal und Wilhelmsruh im Blick zu haben. Und nicht nur da. Im ganzen Bezirk Pankow, ja in ganz Berlin. Ich höre mir erstmal alles an, verspreche aber niemandem das Blaue vom Himmel. Die Wahrheit ist: Als Landtagsabgeordneter – noch dazu von einer ausgegrenzten Oppositionspartei – kann ich nicht viel ausrichten.

Es ist leicht, sich als AfD-Abgeordneter mit Gegnern einer neuen Asylunterkunft, mit Burschenschaftern oder mit Lebensschützern zu treffen. Das mache ich natürlich jederzeit gerne. Aber: Ich versuche mich auch für diejenigen einzusetzen, die nicht sofort zur typischen AfD-Klientel gehören. Ich habe mich bereits mit alleinerziehenden Müttern, Tempo-30-Befürwortern oder einem linken Pastor getroffen, der auf seinem Kirchengelände die Antifa beherbergt hat. Ich rede mit jedem, wenn es geht. Die Alternative für Deutschland muss (ungerechtfertigte) Vorbehalte abbauen, wenn sie Akzeptanz gewinnen will.

Dabei liegt mir eine Gruppe besonders am Herzen: kleine und mittelständische Unternehmer. Wir haben mehrere von denen in unseren Reihen. Und ich habe selbst als Freiberufler gearbeitet und kenne den deren Schwierigkeiten – nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit Ämtern, Immer wenn ich von Kioskbesitzern, Cafébetreibern oder Bäckern in Not höre, versuche ich mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Klappt nicht immer. So bin ich zum Beispiel vergeblich bei in einem Café im Prenzlauer Berg aufgetaucht, dessen Betreiberin vor einem halben Jahr Ärger mit dem Amt hatte: Sie hatte es gewagt, eine selbstgebaute Bank rund um einen Baum aufzustellen. Passanten, auch ihre Kunden, setzen sich da hin und schlürfen ihren Latte Macchiato oder schlecken ihr Eis. Das Amt – personifiziert durch unseren kommunistischen Bezirksbürgermeister – aber sagt: Für diese schlichte Holzbank habe sie keine Genehmigung gehabt. Die Bank müsse weg. Wenn ich sowas lese, geht mir dasMesser in der Tasche auf. Leider habe ich sie nicht angetroffen. Kann passieren.

Auf der verbotenen Bank in der Schwedter Straße

Bei Karsten Greve hatte ich mehr Glück. Das ist ein Biobäcker im Prenzlauer Berg, der Ärger mit dem Eichamt hatte. Nach einem Zeitungsbericht bin ich zu ihm gefahren und habe mit ihm gesprochen. Seine Geschichte geht so: Eines Tages tun suchten die Mitarbeiter des Eichamtes in seiner Bäckerei auf. Dort hatte er auf einer Tafel die Preise für seine Produkte aufgeschrieben. Handschriftlich. Bei Keksen oder so war ein Kilopreis angegeben. Greves hat Kilo mit KG in Großbuchstaben abgekürzt. Das kritisierten die Beamten, weil die offizielle Abkürzung für Kilo in Kleinbuchstaben zu schreiben sei. KG hingegen stehe für Kommanditgesellschaft.

Was kann ich dazu sagen? Das ist leider typisch für Berlin. Zu viele öffentlich Bedienstete sehen den Bürger nicht als Bürger an, sondern als Bittsteller, den es zu drangsalieren gilt. Leute, die nie in ihrem Leben einen einzigen Cent auf dem freien Markt erwirtschaftet haben und sich mit ihren Privilegien und ihren staatlich garantierten Pensionen auf der sicheren Seite wähnen, denken, dass sie sich alles rausnehmen können. Es wird Zeit ein, dass jemand an der Spitze der Verwaltung diesen Beamten klarmacht, dass Leute mit Unternehmergeist, Arbeitgeber und andere Leistungsträger ebenso wie Autofahrer, Häuslebauer oder Vermieter nicht ihre Gegner sind, sondern diejenigen, die ihre Existenz überhaupt mit ihren Steuern ermöglichen. Sie sollten diese Berliner Bürger als Partner ansehen und nicht als Untergebene. Wir brauchen eine Willkommenskultur für Unternehmer in Berlin. Und es ist Zeit, dass jemand diesen Geist der Berliner Beamtenschaft einhaucht.

Karsten Greve hingegen bekam auch noch weiteren Ärger, weil er zu Demozwecken eine alte Waage auf seinem Tresen zu stehen hatte, die nicht geeicht war. Auch das kritisierten die Eichamts-Mitarbeiterbei bei zwei Besuchen in seiner Bäckerei. Nachdem ich von der Geschichte gehört hatte, habe ich Greve aufgesucht. Ich habe ihm ein Biobrot (Dinkel-Rosmarin) und zwei Zimtschnecken abgekauft und ihn auf die Berichterstattung angesprochen. Einige Tage später hat mein Kollege Carsten Ubbelohde in einer Aktuellen Stunde im Abgeordnetenhaus den Senat dazu befragt, was diese harte Gangart gegenüber dem Bäcker soll. Den Link zu dem Video habe ich Herrn Greves geschickt.

Damit war die Sache für mich erledigt.

Überraschenderweise kontaktierte mich ein paar Tage später ein Bekannter. “Schon SPIEGEL gelesen?”. Ich: “Nein. Warum?”. “Da ist eine Seite über das Eichamt und den Bäcker, Ihre Mail und so.” Ich war gerade mit der Familie auf dem Weg in den Herbsturlaub an der Nordsee. An der nächsten Tankstelle kaufte ich mir einen Spiegel mit dem Artikel (Bezahlschranke). Die ganze Story von Yannick Ramsel ist darin korrekt wiedergegeben. Auch, dass Karsten Greve wohl eher kein AfD-Fan ist. (Gehört wohl eher in die Kategorie “alleinerziehende Mütter und Tempo-30-Befürworter”, aber das war mir klar bei einem Biobäcker im Prenzlauer Berg.) Zitat:

An jenem Tag bediente Greve einen Kunden, den er noch nie gesehen hatte. Der Mann kam um die Mittagszeit und kaufte zwei Zimtschnecken und ein Brot. Er sei Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, sagte der Mann, er werde mit seinen Kollegen sprechen und die Geschichte aus der »B. Z.« vielleicht in eine Parlamentssitzung einbringen. Karsten

Greve freute sich. Jemand kümmerte sich. Der Mann sagte, sein Name sei Gläser. Greve könne sich jederzeit bei ihmmelden. Dann reichte er Greve seine Visitenkarte.

Ronald Gläser ist Journalist, er schreibt unter anderem für die »Junge Freiheit«, seit 2013 ist er in der AfD. Als Grevedas Parteilogo auf der Karte entdeckte, bat er Gläser, die Eichsache nicht zum Thema zu machen. Er wolle mit der Partei nichts zu tun haben. Zwei Tage später, am 13. September, schickte Gläser ihm die E-Mail mit dem Link und dem Video.

Greve ärgerte sich. Er sagt aber auch: »Der von der AfD ist der Einzige, der sich die Mühe gemacht hat, hierherzukommen. « Was er noch sagt: Für die anderen Parteien könnte es so einfach sein, eine Partei wie die AfD kleinzukriegen – sie müssten nur die Sorgen der kleinen Leute ernst nehmen. Die Mail, die der AfD-Abgeordnete Gläser an Karsten Greve schickte, endete mit einem »PS: Die Zimtschnecken waren super«

Ich werde meine Arbeit als Abgeordneter aller Pankower und Berliner fortsetzen und missbrauche niemanden dafür. Mein Engagement ist ernst. Während sich die Konsensparteien im Abgeordnetenhaus die Taschen mit dem Geld der Berliner (und Bayern) füllen, wobei sie die Nöte der normalen Berliner vergessen, geht es mir wirklich um das Wohlergehen meiner Mitbürger. Auch wenn diese nicht zur Kernklientel der AfD gehören.