Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen, weil der Staat die Medien im Internet noch stärker regulieren wird als bisher. Sie wird Lizenzen vergeben und damit die Macht haben, erfolgreiche Youtuber und andere Blogger mundtot zu machen. Grund genug, hinter die Kulissen zu schauen. Dort befindet sich eine Melange aus roter Propaganda, grünem Filz und Postenschieberei. Klicken Sie hier für die Kapitel eins und zwei dieser Geschichte.

Kapitel 3: Die wachsende Bedeutung der Medienanstalten

Was macht die Medienanstalt sonst so? Richtig, die Lizenzvergabe. Eine der Entscheidungen der jüngeren Zeit war etwa die Vergabe einer Lizenz an den Sportsender DAZN oder einer DAB+-Frequenz an Radio Arabica. Fast zeitgleich und weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit vollzog sich aber auch etwas anderes, nämlich der vorübergehende Entzug der Sendelizenz von Mega-Radio, der bis 2019 in Berlin auf einer DAB+-Frequenz lief und u.a. ein Programm von Radio Sputnik verbreitete. Der Geschäftsführer von Mega-Radio war empört: 

„Ein Programm, das jahrelang in Berlin ohne jegliche Beanstandung gesendet hat, abzuschalten, ohne dass die juristische Frage, ob die Ablehnung der mabb rechtens und vor ordentlichen Gerichten abschließend geklärt ist, kann man als Schlag gegen das Recht auf freie Meinungsäußerung bezeichnen“

Quelle: Sputniknews, 18. Februar 2019

Radio Sputnik ist ein staatlicher Sender aus Russland und gilt als Kreml-nah. Daher steht er ebenso wie RT/Ruptly nicht auf der Freundesliste zeitgeistkonformer deutscher und europäischer Medienregulierer. Auch staatliche und halbstaatliche deutsche Medien werden für den Kampf gegen staatliche russische Medien wie Sputnik mobilisiert. Die EU leistet sich eine ganze Behörde, die nur mit Gegenpropaganda befasst ist.  

Ist der Entzug der Sputnik-Lizenz eine Petitesse? Gewiss. Sputnik darf ja im Netz weiter empfangen werden. Ihnen wurde nur ein Kanal entzogen, nämlich der, auf den Staat direkten Einfluss hat. Trotzdem wirft es ein erhellendes Licht auf die Lizensierungspolitik der Medienanstalt. Die Lizenzvergabe folgt offenbar bereits jetzt politischen Vorgaben.

Im Zuge der Digitalisierung wird verstärkt über eine Lizensierung von erfolgreichen Youtube-Anbietern nachgedacht. Im neuen Medienstaatsvertrag von Berlin und Brandenburg, die Grundlage für die Arbeit der MABB ist, wird eine solche Lizensierung bereits festgeschrieben.

Es gibt jetzt in Berlin und Brandenburg ein zweistufiges Verfahren: die Erteilung einer Lizenz einerseits und die Erteilung einer Frequenz andererseits (Führerscheinverfahren). Früher wurde alles in einem Arbeitsschritt vereint.

Damit könnte mittelfristig das freie Internet beseitigt werden. Es reicht den Machthabern nicht, dass Youtube, Facebook und Co. aus vorauseilendem Gehorsam bereits jetzt löschen, was das Zeug hält. Es soll auch staatlich geregelt sein, dass nicht mehr jeder seine Inhalte im Netz verbreiten kann, wie er mag. Und das ist ein Skandal.

Artikel 23 des Medienstaatsvertrages von Berlin und Brandenburg regelt das Zulassungsverfahren für Rundfunkbetreiber. Dort heißt es:

„Wenn und soweit ein Informations- und Kommunikationsdienst dem Rundfunk zuzuordnen ist, bedürfen Anbieter solcher Dienste einer Zulassung, für die die nachstehenden Regelungen entsprechend gelten.“

Medienstaatsvertrag zwischen Berlin und Brandenburg

Es folgen eine Reihe bürokratischer Vorgaben, die in der alten Welt der begrenzten Frequenzen ihren Sinn gehabt haben mögen. So müssen alle möglichen Dinge offengelegt werden, und Parteien dürfen keine eigenen Sender betreiben. Wenn die Zahl der möglichen Sender begrenzt ist, dann sollte eine Bestenauslese erfolgen, damit es unabhängige Medien gibt und keinen Missbrauch der Meinungsmacht. Aber im Internetzeitalter gibt es keinen Mangel an Übertragungswegen. Jeder kann soviel streamen, wie er will. Daher sind all diese Einschränkungen obsolet.

Außer: Der Staat will die öffentliche Meinung lenken und missliebige Stimmen mundtot machen. Dann ergeben Lizenzen auch für Internetbetreiber einen Sinn. Und vor allem die Regeln für den Entzug derselben: §31 regelt die Rücknahme einer Lizenz aufgrund verschiedener Kriterien.

Szenario: 2022 bringt ein Berliner Startup eine App auf den Markt, die Live-Streams nach einem Programmschema sendet: je eine Sendung morgens, mittags, abends. Die App wird von vielen Leuten genutzt. Weil sich die Moderatoren der App kritisch mit dem Senat und dem linksgrünen Mainstream auseinandersetzen, entzieht die Medienanstalt dem Sender seine Lizenz, da der Betreiber der App in die Schweiz gezogen ist (möglicher Verstoß gegen §27.4 MStV) oder mit seinen Mitarbeitern gemeinsam Mitglied einer politischen Partei ist (möglicher Verstoß gegen §23.3 MStV). Das Programm darf nicht mehr verbreitet werden.

Die Bild wurde von einer Medienanstalt bereits dazu gezwungen, eine solche Lizenz zu beantragen, wogegen sie sich erfolglos juristisch gewehrt hat. Im April wurde die Lizenz großzügigerweise erteilt. Das heißt: Auch klassische Verlage, die ihr Geschäft im 21. Jahrhundert betreiben wollen, müssen jetzt beim Staat um eine Lizenz betteln. Damit wird das Berliner Pressegesetz ausgehebelt, das Folgendes besagt:

Die Pressetätigkeit einschließlich der Errichtung eines Verlagsunternehmens oder eines sonstigen Betriebes des Pressegewerbes darf nicht von irgendeiner Zulassung abhängig gemacht werden.

§2 des Berliner Pressegesetzes

Klar: Jeder kann heute noch seine altertümliche Postille an Kiosken absetzen. Aber wehe, er versucht, seine Inhalte auch per Livestream an den Mann zu bringen. Es steht zu befürchten, dass mehr und mehr erfolgreiche Anbieter von Streaming-Diensten in die Rundfunkfalle laufen werden, auch wenn die Bagatellgrenze von 500 auf 20.000 Nutzer im neuen Medienstaatsvertrag (jetzt der aller Bundesländer) ausgeweitet werden soll. 

Für eine härtere Gangart der Medienanstalten gegenüber freien Medien spricht auch, dass jetzt ein neuer Medienrats-Vorsitzender im Gespräch ist, der anders als seine Vorgänger keine Bezüge zu Medien oder anderen Branchen hat, sondern direkt aus der Politik in sein Amt entsandt werden soll: Martin Gorholt (SPD) war Leiter der Potsdamer Staatskanzlei. Das ist nichts Ehrenrühriges. Bestimmt ist Martin Gorholt ein gewissenhafter Mann. Und doch: Jemand, der direkt aus einer Staatskanzlei kommt, ist eher nicht geeignet, die Leitung dieser zur Neutralität verpflichteten Organisation zu übernehmen. Der Verdacht besteht, dass er der Brandenburger Landespolitik direkten Zugriff auf die Entscheidungen der MABB sichern wird.

Der bisherige Vorsitzende Hansjürgen Rosenbauer scheidet aus. Er entstammte zwar auch dem staatsnahen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Rosenbauer war zuletzt Chef des ORB, der Vorgängerorganisation des RBB. Und doch: Er war Journalist und Senderchef – kein Abgesandter eines Ministerpräsidenten. 

Parlamentsrede vom 15. August 2019 zum neuen Medienstaatsvertrag Berlin-Brandenburg

In Zukunft werden Institutionen wie die Medienanstalt mit Leuten wie Martin Gorholt und Markus Beckedahl in verantwortlicher Position darüber entscheiden, wer senden darf – und wer nicht.

Das darf nicht passieren. Das Netz muss ein Ort freier Kommunikation bleiben. Ohne staatliche Einmischung. Ohne Behörden, die vorgeben für Medienvielfalt einzutreten, aber im nächsten Atemzug über „zu viele Informationen im Netz“ klagen.

Medienanstalten dürfen ihre Aufgaben nicht erweitern. Im Gegenteil: Sie müssen verschlankt und ihre Aufgaben reduziert werden.

Ein parteinaher Lobbyist wie Markus Beckedahl hat in einem Leitungsgremium einer solchen Institution nichts zu suchen. Schon gar nicht, wenn ihm das Amt dazu dienen könnte, persönliche Profitmaximierung zu betreiben.

Wir sehen: Die Medienanstalt ist ein einziger rot-grüner Sumpf, der gründlich trockengelegt werden muss. Er konnte auch deshalb entstehen, weil die bürgerlichen Oppositionsparteien ihre Aufgaben vernachlässigen und sich mit den Verhältnissen dort arrangiert haben. Diesen Fehler wird die AfD nicht machen. Versprochen. 

Audiatur et altera pars

Gerne hätte ich die Ansichten der Betroffenen dazu berücksichtigt. Gerne hätte ich mit Markus Beckedahl persönlich gesprochen. Daher habe ich ihn am 28. Mai (17.30 Uhr) angerufen. Er wollte meine Fragen schriftlich beantworten. Ich schickte ihm umgehend zehn Fragen. Eine Antwort habe ich bis heute nicht erhalten. Stattdessen erhielt unser Parlamentarischer Geschäftsführer eine 08/15-Vita von Markus Beckedahl mit dem Hinweis, dies sei auf Anfrage meiner Fraktion geschehen.

Zudem habe ich die Chefin der Medienanstalt gebeten, den Wirtschaftsprüfer von seiner Verschwiegenheitspflicht zu befreien, damit ich mit ihm über das Gutachten zur Medienanstalt von 2019 sprechen kann. Leider auch Fehlanzeige. Ferner habe ich mehrere Anfragen an den Senat gestellt, der diese dann an Institutionen wie die Medienanstalt weitergeleitet hat. Einige dieser Fragen stehen noch aus. Ich glaube nicht, dass die Antworten etwas an meiner Einschätzung ändern werden.  

Hier geht es zu Teil eins der Serie.

Hier geht es zu Teil zwei der Serie.