Dass man uns kontrolliert, was Finanzen und inhaltliche Ausrichtung angeht, finde ich richtig. Wir haben öffentliches Geld.

Patricia Schlesinger, RBB-Intendantin Podcast #100 der Medientage Mitteldeutschland

Angesichts der seit Tagen laufenden Kampagne gegen die RBB-Intendantin könnte ich jetzt ein paar billige Punkte einsammeln, indem ich in die gleiche Kerbe haue. Aber das mache ich nicht. 

Es geht nicht um Patricia Schlesinger. Und nicht um Privatpartys in ihrem Wohnzimmer auf Senderkosten. Die Dinge, die jetzt so aufgeregt diskutiert werden, offenbaren ein tiefersitzendes Problem: den Hang zur Verantwortungslosigkeit aufgrund einer Monopolstellung. 

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk genießt unglaubliche Privilegien. Er ist der teuerste der Welt. Die Politiker beschließen ständig seine Aufgabenausweitungen. Vom Verfassungsgericht hat er eine Art Universal-Bestandsschutz erhalten, gegen den selbst der erklärte Volkswille machtlos ist. Die Gebührenerhöhung auf 18,36 Euro hätte es eigentlich nicht geben dürfen, da das Land Sachsen-Anhalt den Medienstaatsvertrag nicht ratifiziert hat. Egal, sagte sich das oberste deutsche Gericht. Die Deckung der laufenden Kosten sei wichtiger als kleinliches Nachrechnen der Volksvertreter. Also kam die Erhöhung trotzdem zustande. Ergebnis: 2021 nochmal 300 Millionen Euro mehr in der Kasse.

Mit dieser ökonomischen und politischen Macht im Rücken entwickelten die Sendeanstalten ein Eigenleben wie Sultanspaläste aus 1000 und einer Nacht. Die üppige Altersvorsorge machte sie zudem zeitweise zu Pensionsfonds mit angegliedertem Sendebetrieb. Wo private Medienunternehmen einen oder zwei Mann hinschicken für die Berichterstattung, da kommt beim RBB gerne gleich ein ganzer Ü-Wagen mit mehreren Mitarbeitern. Und er steht dann oft neben dem Ü-Wagen vom ZDF oder einer anderen Sendeanstalt. 

Teure Sportberichterstattung mit Dutzenden von Leuten, die zu internationalen Wettkämpfen fahren, Krimis zu Minutenpreisen fast wie Hollywood-Produktionen, Unterhaltungsshows wie im Privatfernsehen nur mit weniger Zuschauern. Quersubventionen für private regierungsnahe Medienunternehmen. Dazu die ganze politische Korrektheit von Haltungsjournalisten wie Anja Reschke oder Georg Restle, weshalb selten bis nie jemand von der AfD oder aus dem Lager der Klimaskeptiker/Eurokritiker/Corona-Maßnahmengegner etc. in Talkshows eingeladen wird. „Oma ist eine Umweltsau“ als kleinster grüner Nenner in den Redaktionen. Dafür ständig expandierende Internetangebote, was gerade diesen Wachstumsmarkt moderner Unterhaltung und Information völlig verzerrt und privaten Konkurrenzangeboten das Wasser abgräbt. Und über all dem thronen Intendanten, die alle hohe sechsstellige Gehälter kassieren, obwohl sie die Sicherheit von Beamten genießen und nicht für ein beträchtliches Risiko entschädigt werden müssen, das sie für ihren Job eingehen. Oder ist jemals jemandem wegen mangelnder Relevanz oder gesunkener Zuschauerzahlen das Gehalt gekürzt worden? Nicht doch, dazu sind sie wie der frühere Regierungssprecher von Angela Merkel Ulrich Wilhelm auch zu gut mit der Politik verbandelt. Wilhelm wurde nach seiner Zeit als Regierungssprecher BR-Intendant (also auch Regierungssprecher, nur in anderer Funktion). 

Wer jetzt sagt, Patricia Schlesinger sei an allem schuld, der macht es sich zu einfach. Durch den Austausch der Person an der Spitze ändert sich nichts. Das System muss grundsätzlich reformiert und verschlankt werden. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren: Information, Unterhaltung, Kultur. Dazu muss er in Berlin und Brandenburg keine sieben Radiosender und etliche Studios betreiben. Auch beim Fernsehen gibt es Sparpotential. Zu dem großen Apparat, bei dem es zu kürzen gilt, gehören natürlich auch Prestigeprojekte wie das Medienhaus, das nun zu Recht auf Eis liegt. Über 100 Millionen Euro für eine solche neue Senderzentrale erscheint mir völlig überzogen. Denkbar nur in einem Umfeld, in dem Geld keine Rolle spielt, weil es seit Jahrzehnten in immer größeren Beträgen vom Zwangsbeitragszahler herbeigeschröpft wird.

Die Intendantin wird begründen müssen, warum dieses Haus notwendig ist. Patricia Schlesinger hat aber beim RBB auch angefangen, den Apparat zu verschlanken und das Pensionsproblem abzumildern. Möglicherweise ist sie dabei für einige Sendermitarbeiter zu forsch vorgegangen, und die haben die Dinge nach außen getragen. Irgendjemand muss dem Business-Insider ja all die Geschichten aufgetischt haben von Beraterverträgen und Kostenexplosion.

Dabei hat Patricia Schlesinger sogar selbst in einem Podcast neulich gesagt, über die Zahl der Sender entscheide nicht sie, sondern die Politik (ab Minute 9.30). Das war geradezu eine Aufforderung an die Landesparlamente, das System der Radiosender einzuhegen. Wer hört schon Cosmo oder RBB-Kultur? Ich werde diese Aufforderung aufnehmen und Vorschläge erarbeiten, wie der RBB Geld sparen kann, auch durch die Zusammenlegung von Sendern. Die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland ist bitter nötig. Während Frankreich die Rundfunkgebühr (leider nicht ersatzlos) abschafft und England Channel 4 privatisiert, tut sich bei uns wie so oft nichts. Das muss sich ändern. 

Und eines ist auch klar. Der Zwangsbeitrag muss verschwinden. Wer partout nicht zuschauen will, der darf nicht vergattert werden, den RBB und all die anderen Sender zu bezahlen. Aber als schlanker, solider Regionalsender hat der RBB eine Zukunft.