Ein Paukenschlag: Berlins neue Datenschutzbeauftragte mischt sich jetzt indirekt in die laufende Reformdebatte der öffentlich-rechtlichen Sender ein. Sie sagt zwischen den Zeilen: Die derzeitige Ausgestaltung des Systems widerspricht dem Anspruch, einen unabhängigen Rundfunk geschaffen zu haben.   

Ja, Sie lesen richtig: Die Datenschutzbeauftragte stellt das ganze System der Rundfunkkontrolle in Frage. Aber der Reihe nach:

  • Im aktuellen Datenschutzbericht für 2022 nimmt die Behörde Stellung zur Novellierung des RBB-Staatsvertrages. Dieser Vertrag von Berlin und Brandenburg regelt die Verhältnisse in der Anstalt. Ein Teilaspekt dabei: die Berufung von Datenschutzbeauftragten.
  • Bislang ist es so, dass die Kontrolle über den RBB in Hinblick auf den Datenschutz zweigeteilt ist: Der journalistische Teil der Datenschutzarbeit wird von einem RBB-eigenen Datenschützer wahrgenommen, der kaufmännische hingegen (v.a. die Angelegenheiten der Zwangsbeitragszahler) von der Datenschutzbeauftragten des Landes Berlin.
  • Diese Teilung soll beendet werden. Der RBB soll künftig alle Datenschutz-Aufgaben mit seinem Beauftragten allein abdecken. Ohne „Einmischung von außen“, also von der landeseigenen Datenschutzbehörde.
  • Die Datenschutzbehörde lehnt die Neuregelung ab. Demnach soll der RBB-eigene Datenschützer von Rundfunk- und Verwaltungsrat sowie vom Intendanten ernannt werden. Der Rundfunkrat ist es auch, der den Intendanten wählt. Er besteht aus „unabhängigen“ Vertretern, die die Gesellschaft abbilden sollen.

In Wahrheit handelt es sich zumeist trotz höchstrichterlicher Urteile meistens um regierungs- und staatsnahe Personen, von denen viele ein Parteibuch besitzen. Wirklich unabhängig ist diese Kontrolle nicht. Wir haben das schon immer gesagt, aber niemand hört uns zu. So wie wir vor den ausufernden Personalkosten gewarnt haben, aber niemanden hat es interessiert.

Meine Parlamentsrede zu den Personalkosten beim RBB, die von den anderen Fraktionen bislang ignoriert wurden (11.5.2023)

Jetzt haben wir aber die Bestätigung aus berufenem Mund: Die neue Datenschutzbeauftragte Meike Kamp schreibt in ihrem neuen Berichten in Kapitel 13, wie der Rundfunkrat einzuschätzen ist:

Die Ernennung durch eine unabhängige Stelle, wie z. B. eine Wahlkommission, kann nur dann zulässig sein, wenn diese Stelle ihrerseits über eine ausreichende demokratische Legitimation verfügt. (…)

Der Verwaltungsrat wiederum besteht aus sieben vom Rundfunkrat gewählten Mitgliedern und einem vom Personalrat entsandten Mitglied.  Rundfunkrat und Verwaltungsrat verfügen damit nicht über eine ausreichende demokratische Legitimation im Sinne von Art. 53 Abs. 1 DSGVO für die Ernennung von Mitgliedern einer unabhängigen Aufsichtsbehörde für den Datenschutz. 

Datenschutz und Informationsfreiheit, Jahresbericht 2022

Soso. Rundfunkrat und Verwaltungsrat sind nicht demokratisch legitimiert. Deren Mitglieder können keine DSGVO-konforme Berufung eines unabhängigen Datenschutzbeauftragten vornehmen, weil sie – zugespitzt ausgedrückt – die Freunde der jeweiligen Machthaber sind.

Was für den Datenschutzbeauftragten gilt, kann bei der Wahl des Intendanten nicht falsch sein, oder? Die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Sender wie RBB oder ZDF ist ihr größtes Pfund, mit dem die Befürworter des Systems dafür werben. „Ihr zahlt den Rundfunkbeitrag, dafür bekommt ihr staatsferne, regierungskritische Nachrichten, die nicht von der Werbeindustrie oder spleenigen Verlegern und deren Privatinteressen gelenkt werden.“ Doch diese Botschaft glauben immer weniger Leute. Auch die Datenschutzbehörde hat Zweifel daran, dass das Konstrukt, das zur Auswahl der Senderspitze dient, geeignetes Personal hervorbringt. Jetzt haben wir das Schwarz auf Weiß.

 Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist zu groß und hat eine zu deutliche Schlagseite. Acht Milliarden Euro pro Jahr für ARD, ZDF und Co. sind zu viel. Und zu viel Geld versickert in Gameshows, Sportberichterstattung, politisch korrekter Unterhaltung oder überhöhten Managergehältern. 

Es gibt kein Patentrezept, aber eine Lösung könnte sein, dass wir wie im antiken Athen Bürger auslosen, die dann vorübergehend die Kontrolle eines Senders übernehmen. Wichtig wäre, dass sie dabei die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Noch wichtiger als die Fragen der Leitung und der Kontrolle ist die Forderung nach einer Reduzierung des Angebots. Weniger ist mehr beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Akzeptanz der Zuschauer hängt auch davon ab, ob es gelingt, die Kosten deutlich zu minimieren. Das heißt natürlich, dass das Angebot erheblich zurückgefahren werden muss.